Berichte von 09/2018

Finnischer Nationalpark

30Sept2018

Moikka meine Lieben,

wieder eine Woche vergangen. Gestern stand die Belohnung für mein erstes Referat, das ich an der UTA erfolgreich hinter mich gebracht habe, auf dem Programm:

Helvetinjärvi Nationalpark.

Freitagabend stieg die Vorfreude ins unermessliche, sodass es mir kaum gelang, Schlaf zu finden. Samstag um 8:30 Uhr bei -2 Grad Außentemperatur war es endlich so weit. Zusammen mit 50 anderen Studierenden stieg ich in den Bus, um eineinhalb Stunden später im Nationalpark anzukommen.

Ein ca. 20 Kilometer langer Rundweg war für meine Gruppe geplant:

Von Haukanhieta führte uns der Weg zu unserem Mittagsrastplatz Luomajärvi, wo wir an einem traumhaft schönen See rasteten. Die ersten zwei Stunden wanderten wir auf Forstwegen, um nach zwanzigminütigem Verlaufen endlich in den Wald abzubiegen. An der am Luomajärvi gelegenen Feuerstelle entzündeten wir ein Lagerfeuer und genossen die Wärme des Feuers während wir unsere mitgebrachten Würstchen grillten.

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Fun fact: Feuerstellen in Finnlands Wäldern sind oftmals mit Brennholz ausgestattet, das man nur noch mit der vorhandenen Säge und Axt zerkleinern muss, um sich ein gemütliche Lagerfeuer zu entzünden.

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Nach der Stärkung ging es abseits der Forstwege auf dem ältesten Pfad des Nationalparks entlang. Über Wurzeln, Steine und umgestürzte Bäume hinweg führte uns der Weg zu Helvetinkolu, einem Aussichtspunkt, der einen traumhaften Blick auf einen der zahlreichen Seen ermöglicht.

Nachdem wir zuerst einen falschen Weg eingeschlagen hatten, erreichten wir endlich den finalen ca. fünf Kilometer langen Pfad, der uns wieder zu unserem Ausgangspunkt bringen sollte.

Nach achtstündiger Wanderung erreichten wir Haukanhieta, wo die anderen Gruppen schon gemütlich um das Lagerfeuer saßen. Im Endeffekt wurden es einige Kilometer mehr als ursprünglich geplant, was meine Laune allerdings nicht trüben konnte. Wir ließen den Tag bei, über dem Feuer gebratenen, Pfannkuchen und Keksen ausklingen. Bis der Bus uns wieder abholte, genossen wir bei winterlichen Temperaturen den sich langsam über dem See verdunkelnden Himmel.

Ein rundum traumhafter Tag im Finnischen Wald. Jede einzelne Sekunde genoss ich in vollen Zügen,auch wenn die Wanderung ruhig ein paar Kilometer kürzer hätte ausfallen können. Elche und Braunbären sind uns leider nicht begegnet, aber was nicht war, kann ja noch werden.

Noch fast drei Monate habe ich Zeit, einen Elch zu knutschen.

 

Hauska viikko, Marietta

 

Über das Singen und Trinken

23Sept2018

Moikka meine Lieben,

eine weitere Woche in Tampere ist vergangen. Seit nun schon fünf Wochen lebe ich in Finnland. Höchste Zeit, eine finnische Studententradition kennenzulernen:

Der, die oder das Sitsit

Es ist schwer zu beschreiben, um was es dabei geht. Kurz zusammengefasst, ist es ein Zusammenkommen von Studenten, man sitzt an langen Tischen und singt und trinkt. Wollte man sich etwas mehr Mühe geben, das Ganze auszuführen, ist es ein gemeinsames Drei-Gänge-Menü, währenddessen man von einem Moderator durch den Abend geführt wird. Zwischen den einzelnen Gängen werden Lieder aus einem Liederbuch gesungen. Die meisten sind auf Finnisch oder Schwedisch, aber da es ein International Sitsit war, wurden auch Lieder auf Englisch und sogar Deutsch (Ein Prosit) angestimmt. Ein bisschen erinnert die Atmosphäre an die Wiesn und dennoch ist es etwas völlig anderes, das man (tut mir leid) selbst erlebt haben muss, um sich ein konkretes Bild davon machen zu können.

Dabei bestätigt sich allerdings definitiv die finnische Sing- und Trinkfreude. Zur Begrüßung standen für jeden Teilnehmer zwei Bier und ein Cider sowie ein Wodkashot bereit, der auf magische Weise immer wieder aufgefüllt wurde.

 

Finnischer Zauberfußball

Gestern stand Fußball auf dem Programm: Ilves Tampere gegen FC Inter Turku. Nachdem ich eine Stunde vor Anpfiff am falschen Stadion stand und vergeblich versuchte, dort eine Karte zu kaufen, gelangte ich schlussendlich dank guter Busverbindung doch noch zum richtigen Ziel. Wobei "Stadion" dafür doch etwas übertrieben ist. Für 12 Euro (immerhin sind die Preise human!) konnte ich mir meinen Platz auf den Holzbänken frei wählen. Ausgenommen hiervon ist die Haupttribüne, auf der es, für fünf Euro mehr, richtige Sitze gibt. Als ich mich mit meinem gekauften Bier auf den Weg zu den Rängen begeben wollte, wurde ich von einem überaus freundlichen Ordner darauf aufmerksam gemacht, dass ich mein gekauftes Bier nur in dem dafür vorgesehenen abgesperrten Bereich trinken darf.

Ganz schön traurige Aussicht.

Das Spiel wurde, trotz beißender Kälte, sehr interessant und konnte dank direkt verwandeltem Freistoß auch gewonnen werden. Man merkt definitiv, dass Fußball hier in Finnland keinen vergleichbaren Stellenwert hat wie in Deutschland. Dennoch waren die Ränge der Haupt- und Gegentribüne gut gefüllt und die Mannschaft aus Turku brachte sogar ca. 30 Ultras mit, die sich ein Gesangsduell mit den Ultras aus Tampere lieferten.

 

Natur, Natur, Natur

...und immer wieder zwischendurch, kann ich von der finnischen herbstlichen Natur einfach nicht genug kriegen.

Nicht nur die Blätter an den Bäumen, auch die Temperaturen sind mehr als herbstlich. Heute trug ich zum ersten Mal meine Winterjacke. Im September.

 

Eine wunderschöne neue Woche wünscht Euch

Marietta

 

Die kranke Woche

16Sept2018

Hallo meine Lieben,

 

früher oder später erwischt sie jeden - die Erkältungswelle. Vielleicht hätte ich noch öfter saunieren sollen...

Nach einer wortwörtlich ins Wasser gefallenen Wanderung vergangenen Dienstag, spürte ich die Krankheit mit Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen nahen.

Geplant war eine Wanderung in einem nahegelegenen Waldgebiet. Ausgrüstet mit festem Schuhwerk und einigen Snacks machte ich mich auf den Weg. Nach 15 Minuten begann es zu regnen. Ich war vorbereitet und hatte Regenjacke sowie Schirm dabei. Naiv wie ich war, dachte ich, dass es der typische finnische Regen wäre, der nach zehn Minuten wieder vorbei wäre. Ich lief also frohen Mutes weiter.

Eine halbe Stunde später war ich, trotz Regenkleidung, komplett durchnässt und suchte in der Stadtbibliothek Schutz. Dort gab es zum Glück, neben zwei Büchern, die ich auslieh, Kaffee und Zimtschnecken. Ich war mit dem finnischen Leben wieder versöhnt.

Den Rest der Woche verbrachte ich schlussendlich entweder in der Uni oder mit viel Ingwertee, von dem mir der Mund jetzt noch brennt, im Bett.

Das heutige sonnige Wetter durfte aber nicht ungenutzt bleiben. Den späten Nachmittag genoss ich bei wunderschönem Sonnenschein und angenehmen 15 Grad in meinem Stadtteil. An den bunt gefärbten Blättern kann ich mich hier einfach nicht sattsehen.

Auch ist es immer wieder faszinierend, wie nah hier das urbane Leben und die unberührte Natur beieinanderliegen. Absolut traumhaft!

 

Auf eine gesündere Woche!

Eure Marietta

Alltag, du hast mich wieder...

09Sept2018

Hei,

am vergangenen Montag begann also wieder der Ernst des Lebens, zumindest ein kleines bisschen. Hier in Tampere ist es so, dass nicht alle Vorlesungen und Seminare in der gleichen Woche beginnen, deshalb kann man sich ganz entspannt und nach und nach an das neue Semester gewöhnen.

Dadurch, dass ich am Montag meinen Studierendenausweis abholen konnte, hatte ich diese Woche endlich die Möglichkeit, das Sportangebot der Universität zu testen. Und was soll ich sagen...Ich bin begeistert! Die Sportanlage ist super neu und ein absoluter Traum! Es gibt zwei Fitnessräume und unzählige Kurse, die man für insgesamt 42 Euro pro Semester besuchen kann. Außerdem gibt es eine Sauna! So verbrachte ich diese Woche also die meiste Zeit in Vorlesungen und Seminaren oder im Sportzentrum.

Donnerstagabend war ich das erste Mal Feiern hier in Tampere. Die Partyszene ist der deutschen ziemlich ähnlich, mit dem Unterschied, dass in den Clubs tatsächlich sehr viel finnische Musik gespielt wird, was schon etwas gewöhnungsbedürftig ist. Auch der Eintritt in den Club war mit 5 Euro vergleichbar mit einem deutschen Club an einem Studentenabend. Somit wurde der Abend (mal abgesehen von der Flasche Wein, die im Alko-Shop knapp 7 Euro kostete, was noch das günstigste Angebot war) doch nicht zum finanziellen Ruin. ;-)

Bei einem Spaziergang in meiner Wohngegend entdeckte ich gestern Abend ein kleines Skigebiet, keine fünf Minuten von meiner Wohnung entfernt. Ein Finne, mit dem ich dort ins Gespräch kam, erzählte mir, dass es dort drei Pisten sowie eine Skisprungschanze gibt.

Die Finnen überraschen mich immer wieder. Das Klischee besagt, sie wären ruhig, introvertiert und würden niemals mehr reden, als tatsächlich nötig wäre. Und dennoch wurde ich von diesem Finnen während meines Spaziergangs angesprochen. Auch Finnen können für positive Überraschungen sorgen!

Nächste Woche beginnen noch weitere Vorlesungen, somit werde ich wohl noch mehr Zeit an der Uni verbringen. Der Alltag macht auch im Ausland nicht vor einem Halt! Langsam und schleichend hält währenddessen der Herbst Einzug in Tampere. Die Temperaturen sind mit ungefähr 20 Grad noch sehr angenehm, aber an den bunten Baumwipfeln kann man den sich anschleichenden Herbst deutlich erkennen. Ich kann es kaum erwarten, wenn sich die zahlreichen Bäume hier komplett gefärbt haben!

 

Bis bald,

Marietta

Erster Reisebericht

02Sept2018

Moi ihr Lieben,

glücklicherweise hatte ich diese Woche noch keine Veranstaltungen an der UTA und konnte über meine Zeit vollkommen frei verfügen. Schnell war klar, dass ich meine erste Reise unternehmen will. Ziel: Åland.

Åland ist eine, sich weitestgehend selbstverwaltende, Inselgruppe, mit eigener Flagge, in der Ostsee zwischen Finnland und Schweden. Offiziell zu Finnland gehörend, wird auf den Inseln allerdings weit verbreitet schwedisch gesprochen.

Am Dienstag startete meine Reise von Tampere aus. Mit dem Bus reiste ich nach Turku, um dort den Tag und eine Nacht zu verbringen, sodass ich mittwochs die frühe Fähre nach Mariehamn nehmen konnte.

Turku entpuppte sich als schöne, ruhige Stadt im Südwesten Finnlands. Ganz besonders schön war es, am Aurajoki, dem Fluss, der durch Turku fließt, entlangzuschlendern und eine traditionelle korvapuusti, eine finnische Zimtschnecke, in einem der zahlreichen Cafés am Fluss zu verspeisen. Weitere Highlights waren der Dom der Stadt, sowie die Bibliothek.

Meine Übernachtung in Turku war...interessant. Auf der Suche nach dem günstigsten Hostel war ich auf ein Schiff gestoßen. In den 60er Jahren war es noch als Fährschiff unterwegs, heute wird es als Hostel genutzt. Somit war meine Übernachtung auf (nicht ganz so) hoher See beschlossene Sache. 

Meine Kabine war mit knapp zwei Quadratmetern und Dusche über der Toilette nicht ganz so komfortabel, aber wer günstig reisen will, darf auch nicht ganz so hohe Ansprüche haben!

Der Mittwoch begann früh mit der Fährfahrt nach Mariehamn. Das Schiff hatte auf seinen zehn Decks so einiges zu bieten. Mit dem Angebot des taxfree-Shoppings, eines Clubs, mehreren Bars und Restaurants, sowie dem wohl günstigsten Alkohol Finnlands konnte wohl jeder glücklich werden.

Allein für die Überfahrt mit der Fähre lohnte sich dieser Trip! An unzähligen Inseln vorbei verlief die Route bei allerschönstem Wetter über die Ostsee! Fünfeinhalb Stunden kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.

In Mariehman angekommen lieh ich mir ein Fahrrad, um die Insel radfahrend zu entdecken! Um von Mariehamn zu meiner Unterkunft im 18 Kilometer entfernten Godby zu gelangen, war doch einiges an Muskelkraft notwendig, da die Inseln leider nicht, wie in zahlreichen Reiseführern beschrieben, vollkommen flach sind. Die wunderschöne Landschaft entschädigte allerdings meine Anstrengungen.

Die zwei Tage auf Åland verbrachte ich mit Radtouren, Stadtbesichtigung der Hauptstadt Mariehamn und gutem Essen in der Stallhagen-Brauerei. Dort belohnte ich mich mit einem original åländischen Honungsöl, einem Bier mit leichtem Honiggeschmack, und einem wunderbaren Kalbssteak!

90 Kilometer mit dem Rad legte ich in den zwei Tagen auf Åland zurück. Es waren anstrengende, aber auch unglaublich schöne Tage auf Inseln, auf denen die Welt noch in Ordnung scheint. Kaum Autos, viel Natur, Wasser, Bäume und Landwirtschaft prägen das Bild, sobald man die Hauptstadt hinter sich gelassen hat.

Die Inseln lohnen sich besonders, um einfach mal die Ruhe zu genießen und Kraft und vor allem nochmal Sonne für das bevorstehende Wintersemester zu schöpfen.

Morgen beginnt meine erste Vorlesungswoche. Ich bin sehr gespannt!

Hauska viiko! Bis nächste Woche,

Marietta